Freiburg

Überraschende Neugier

Die Limetten waren bio, Demeter sogar, aber natürlich nicht lokal, und so ahnte Ingrid schon Gerds Kommentar zum CO2-Abdruck ihrer Aprikosen-Limetten-Rosmarin-Tarte, der sicher einigen Flugkilometern entsprach. Die Geburtstagsgesellschaft saß unter alten Bäumen, die bis vor kurzem das Licht des späten Tages gefiltert hatten, doch nun war es dunkel genug für das Dessert mit Kerzen, die Gerd auspusten musste, Abdruck hin oder her. Sie wollte gerade in die Küche, als sich die Terrassentür öffnete. 

Ingrid lebte mit wechselnden Mitbewohnern, zur Zeit mit Joris, einem jungen Mann aus Holland, der wenig sprach, sich vorwiegend von Bananen ernährte und eigentlich nicht da sein sollte, aber nun hinterm Haus stand. Joris winkte, kam hinab in den Garten, grüßte alle, als würde er sie ewig kennen, vor allem Gerd, dem er stürmisch gratulierte, und begleitete schließlich Ingrid in die Küche, weil er, wie er erklärte, eine tolle Idee hatte. Also servierte Ingrid, Gerd pustete aus, und Joris rief: “Ich mache euch dazu flambierte Bananen!” 

Gerd hatte nichts zu den Limetten gesagt, aber das konnte er nicht stehen lassen: “Wo kommen die her?” Joris grinste: “Von Rewe. Die waren so billig.” Joris war halb so alt wie Gerd, und so schien die Nachhilfestunde unausweichlich. Doch als Gerd sich erhob, um eine seiner flammenden Reden über Klimawandel und Tropenfrüchte zu halten, zog ihn Joris zum Campingkocher, den er auf dem Beistelltisch aufgebaut hatte, und sagte: “Super, dass du mitmachst.” Gegen alle Erwartungen erwiesen sich die beiden als perfektes Team, das nach wenigen Minuten meterhohe Stichflammen produzierte, die noch beeindruckender waren als die leckeren Rumbananen. 

Erst als Joris mit dem Rum Feuerspucker spielen wollte, stoppte ihn Gerd, das sei gefährlich, und sie verschwanden im Schuppen, aus dem sie kurz darauf mit einer Flasche Lampenöl kamen. Gerd war in den Siebzigern auf den großen AKW-Demos als Feuerspucker unterwegs gewesen, und Joris wollte es nun von ihm lernen. Als Ingrid und ihre Freunde das hörten, verteilten sie im Garten Eimer mit Wasser und machten es sich in einem angemessenen Sicherheitsabstand gemütlich.