Leise Euphorie

Jens und Regine Ehlers hatten zum 250. Geburtstags ihres Handelskontors die aktuelle Geschäftsführung, Gesine Jacobi und Flannan Lehmann, zu einem Abendessen in ihre Familienresidenz eingeladen und ihren alten Freund Heinz Otto Wehmann gebeten, für ein passendes Menü zu sorgen. Dafür kam nachmittags ein junger Mann, Angström, der einen sehr guten Eindruck machte. 

Der Anfang war allerdings etwas holprig. Herr Lehmann hatte noch nie von der Bunthäuser Spitze gehört, an der Hamburgs kleinster Leuchtturm steht, und Fräulein Jacobi wusste nicht, was eine Gezeitenuhr ist, so dass die Ehlers innerlich kurz aufstöhnten. Das recht betagte Hanseatenpaar, beide waren über 90, war sehr offen, unter ihren Freunden gab es Portugiesen, Chinesen, Türken und Perser, aber Desinteresse an der Welt langweilte sie. Doch Fräulein Jacobi brach das Eis mit Geschichten aus ihrer Kindheit. Sie war in einer Landkommune aufgewachsen, und als Herr Lehmann nach einer Anekdote etwas unvermittelt fragte, ob die heutige Deko ebenfalls Marihuana sei, rutschte sie vor Lachen fast vom Stuhl. 

Das schien den Ehlers der perfekte Moment, um den Gästen das Du anzubieten. Angström, der die Gruppe zu mögen begann, erklärte leise, dass er bei Bedarf auch etwas Gras dabei hätte, was Gesine und Flannan jedoch betont professionell ablehnten. Doch die Ehlers, die auf der ganzen Welt Pfeifen aller Art genossen hatten, dankten dem Koch für die gute Idee und beruhigte die Gäste – dies sei kein Arbeitsessen. Angström drehte also einige Rollen, sodass es im weiteren Verlauf nicht zu Engpässen kam, und nach den ersten Zügen schmeckte die ohnehin exzellente Vierländer Ente noch besser. 

So verplauderte das Quartett die Nacht, bis es auf den Alsterstühlen im Garten landete, wo es den Sonnenaufgang beobachtete, während Gesine von Waldgeistern erzählte und Jens von seinem 90. Geburtstag, der ebenfalls so geendet hatte. Als Jens und Regine ins Bett gingen, schlief Angström auf der Chaiselongue im Flur und der Mondrian hing schief.